InnoTrans 2022 – unser Rückblick auf die Messehighlights

DAtum

Freifläche der InnoTrans 2022

Die InnoTrans bezeichnet sich selbst als Marktplatz der Möglichkeiten. Dieser selbstbewusst gewählte Titel kommt nicht von ungefähr. Die internationale Leitmesse für Verkehrstechnik mit dem Alleinstellungsmerkmal von 3.500 Schienenmetern empfing auf dem Gelände der Messe Berlin vom 20. bis zum 23. September 2022 nicht weniger als 137.394 Besucher, die sich ansahen, was ihnen 2.834 Aussteller aus 56 Ländern zu bieten hatten; und das war einiges. 250 Weltpremieren, 128 Fahrzeuge und 14 Busse haben die Hersteller Besuchern präsentiert. Die Haupthemen waren alternative Antriebe, die zum Beispiel in Form von Batterie- und brennstoffzellenbetriebenen Zügen sowie Bussen vertreten waren.

Die InnoTrans setzte also dort an, wo sie 2018, also vor der Pandemie, aufhörte. Mit Alstom, Stadler, Siemens Mobility, CRRC und Hyundai Rotem gehörten einige der größten Hersteller für Schienenfahrzeuge zu den Ausstellern. Diese warteten zum Teil sogar mit Weltpremieren auf. Selbstredend ließ es sich auch das Team von trechnology nicht nehmen, aktuelle Entwicklungen genau zu begutachten, Wissen aufzunehmen und auszutauschen sowie einfach einmal selbst Hand an die unterschiedlichsten Schienenfahrzeuge und auch Busse zu legen. Dabei erlebte jedes Teammitglied die InnoTrans ein wenig anders, was am Ende dieses Artikels ein buntes Portfolio an ganz persönlichen Messe-Highlights widerspiegelt.

"Digitale Lösungen sind längst keine Zukunftsvision mehr"

Destination Digital hieß es am Siemens Mobility Stand auf der InnoTrans 2022. Siemens hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu zeigen, dass digitale Lösungen längst keine Zukunftsvision mehr sind. Das Unternehmen ist laut eigenem Website-Auftritt zur InnoTrans 2022 davon überzeugt, dass die Digitalisierung eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt. Die Bahn gelte hier wiederum als Schlüsselfaktor. Große Investitionen in neue Infrastruktur seien nicht unbedingt nötig, um die wachsende Nachfrage im Schienenverkehr zu bewältigen. Einen möglicherweise effektiveren Weg sieht das Unternehmen in der Verbesserung der bestehenden Infrastruktur.

Die wichtigsten Vorteile, die Siemens Mobility in der Digitalisierung sieht:

  • Optimierte Lebenszykluskosten mit digitalem Zugbetrieb
  • 100% Systemverfügbarkeit
  • Maximierung der Netzwerkkapazität
  • Optimierte Kundenerfahrung- und Prozesse

Vorgestellt hat Siemens auf der Innotrans die digitale Business-Plattform Siemens Xcelerator. Als offene digitale Business-Plattform soll sie als Ökosystem von Partnern in der Lage sein, die digitale Transformation und die Nachhaltigkeit der Mobilität zu beschleunigen.

Die Digitalisierung wird auch beim präsentierten mFUND-Forschungsprojekt AStriD („Autonome Straßenbahn im Depot“) von Siemens und Cattron groß geschrieben. Mit dem teleoperierten Betrieb (RTO) können als erste Stufe der Depotautomatisierung von einer zentralen Leitstelle aus personal- und zeitintensive Prozesse auf dem Betriebshof ferngesteuert durchgeführt werden. Als Beispiel nennt Siemens hierfür die Bereitstellung der Fahrzeuge für den Linieneinsatz, das Rangieren in Werkstatt oder Abstellhalle sowie die Fahrt durch die Waschanlage.

Worauf sich Besucher auf Gleis 6 und 7 des Freigeländes freuen durften, war im Vorfeld ein Geheimnis. Dass Besucher laut Siemens „einige unserer Züge“ finden würden, war ebenso gewiss, wie die angebotenen Stand-Touren, welche schon im Voraus buchbar waren. Im Sinne der Digitalisierung gab es auch ein Online-Event, in dem jeder Tag der InnoTrans zusammengefasst wurde. Letztendlich gab es neben den Metro „X-Wagen“ der Ubahn in Wien, den Nürnberger „Avenio“ Straßenbahnen, Lokomotiven, dem dynamischen Ladesystem eHighway-LKW und anderem auch zwei alternativ angetriebene Schienenfahrzeuge zu sehen. Mit Mireo Plus B Ortenau und Mireo Plus H – H2goesRail präsentiert der Hersteller seine Mireo-Plattform nämlich gleich als BEMU und HEMU und ermöglichte auf diese Weise den direkten Vergleich beider Auslegungen.

 

Sieben Premieren auf 350 Schienenmetern

Stadler hat nicht weniger als sieben Fahrzeuge mit nachhaltigen Antriebslösungen auf der InnoTrans 2022 erstmalig Fachpublikum und Öffentlichkeit präsentiert. Hierfür nahm der Hersteller ganze 350 des insgesamt 3.500 Schienenmeter umfassenden Freigeländes der Berliner Messe für sich ein. Messebesucher durften die Fahrzeuge von innen und außen besichtigen und sich ein Bild von ihren Stärken und Schwächen in Rubriken wie Energieeffizienz, Leistung und Komfort für Bahnreisende machen. Die folgende Bildergalerie zeigt alle sieben von Stadler ausgestellten und nachhaltig angetriebenen Schienenfahrzeuge.

Erstmalig war Stadler mit einem eigenen Messestand für das Signalling-Portfolio auf der InnoTrans vertreten. Es umfasst Lösungen in den Bereichen automatisiertes Fahren (ATO), Zugsicherung (ETCS), führerlose Metrozüge (CBTC) und Bahnsicherungs-Anlagen.

grüner transport und nachhaltige mobilität

Bei Alstom stand der Klimaschutz auf der diesjährigen InnoTrans im Mittelpunkt. Beim eigenen „Green Traction Solutions Showcase“ hat das Unternehmen Besucher auf den aktuellen Stand zu hauseigenen Wasserstoff- und Batterie-Lösungen gebracht, die in neuen Fahrzeugen zum Einsatz kommen können oder durch „Green Re-Tractioning“ und Flottenmodernisierung auch für bestehende Projekte in Frage kommen.

Auch Digitalisierung war für Alstom ein zentrales Thema. Diese bezeichnet Alstom als Rückgrat von nachhaltiger Mobilität und exzellentem Service. Mit dem eigenen HealthHub, in dem die Daten des TrainScanners gesammelt und ausgewertet werden, und der dynamischen Instandhaltungs-Planung sollen Instandhaltungsmaßnahmen zudem optimiert werden.

Auf der Freifläche präsentierte Alstom den elektrischen Doppelstockzug Coradia Stream High Capacity und die Traxx-Lokomotive mit „Last-Mile“-Funktion, einem unterstützenden Dieselmotor zur Überbrückung nicht elektrifizierter Streckenabschnitte, der Öffentlichkeit.

Die Messe-Highlights des trechnology-Teams

CEO Tim Mönkedieck (links) und Neuprokurist Carsten Paeßens (rechts) als starkes Team

Tim Mönkedieck und Carsten Paeßens

Wir waren während der InnoTrans 2022 terminbedingt meist gemeinsam unterwegs. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass wir auch die gleichen Highlights für uns ausgemacht haben. Auf Seite der Fahrzeuge war es beeindruckend zu sehen, wie sich die Marktentwicklung der letzten 5 Jahre (Dekarbonisierung = Abschied vom Diesel) durchgesetzt und zu neuen Fahrzeugkonzepten geführt hat; gekürt durch eine gekonnte Gegenüberstellung vom Flirt Akku und dem Mireo Plus B bzw. die direkte Abgrenzung von Mireo Plus B zum Plus H (Anm. d. Red.: Sie standen alle Gleis an Gleis nebeneinander). Auf zwischenmenschlicher Ebene bleiben die vielen ungeplanten und unplanbaren Begegnungen und Treffen, die auf einer solchen Messe stattfinden, im Gedächtnis. Auf diese haben sich nach vier Jahren wirklich alle gefreut und sie machten die InnoTrans 2022 zu einem tollen Branchentreff und damit aufgrund der überschaubaren Branchen-Größe zu einem Treffen von Bekannten und Freunden.

 

Der carbonfaserverstärkte Radsatzrahmen der Firma Talgo

Talgo präsentierte einen aus carbonfastervertärktem Kunststoff (GFK) hergestellten Radsatzrahmen.

Patrick Stormann

Mein Messehighlight war der von der Firma Talgo präsentierte Radsatzrahmen, welcher aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) hergestellt wurde. Im Gegensatz zur bisherigen Stahlausführung kann laut Talgo durch den Einsatz von CFK eine Gewichtseinsparung von 380 kg (ca. 45%) erzielt werden. Talgo verwendet meines Wissens als einziger Hersteller ein System, bei dem sich die Räder links und rechts an einer „Achse“ mit unterschiedlicher Geschwindigkeit drehen können, um somit nicht nur den Reisekomfort der Fahrgäste zu verbessern, sondern auch den Verschleiß der Infrastruktur zu minimieren. Mit der Einbringung des Verbundwerkstoffes wird nun weiteres Optimierungspotential ausgeschöpft. Ich bin auf die nächsten Schritte gespannt, bei dem der Verbundwerkstoff-Radsatzrahmen auf der Schiene unter Realbedingungen getestet wird.

Marius Schwarz

Mein Messehighlight war der neue ICE L, der mit seinem stufenlosen Einstieg neue Maßstäbe im Fernverkehr setzt. Besonders interessant ist das Einzelradfahrwerk, dass ich in dieser Bauform davor noch nie gesehen hatte. Auch die Innenraumgestaltung hat mich durch ihr modernes Design überzeugt. Zu den Neuerungen gehören unter anderem ein neuer Sitztyp und Handy-/Tablet-Halterungen an jedem Sitzplatz. Hersteller des ICE L ist der spanische Hersteller Talgo, der 23 neue Fahrzeuge liefert.

Der ICE L von Talgo für die Deutsche Bahn AG

Die unterflur montierten Batterien des Stadler Flirt Akku konnte man auf der InnoTrans genau erkennen.

Markus Bingel

Auf der InnoTrans hatte ich zum ersten Mal die Möglichkeit, Schienenfahrzeuge näher unter die Lupe zu nehmen. Denn bisher hatte ich aus technischer Sicht andere Schwerpunkte in meiner beruflichen Laufbahn. Es war für mich interessant zu sehen, wo sich die Hersteller voneinander unterscheiden und welche Qualitätsunterschiede es gibt. Ich konnte z.B. sehen, wie unterschiedlich die Unterflurgeräte verstaut waren, aber auch wie in den Fahrzeugen die Übergänge von Niedrig- auf Hochflur realisiert wurde.
Die Zeit auf der Messe hat mir einen ersten Eindruck über die Vielseitigkeit der Fahrzeuge und die Umsetzung der verschiedenen Kundenanforderungen vermittelt.