Ladeinfrastruktur für Batterietriebzüge: Schlüsselrolle in Schienenfahrzeug-Zukunft

DAtum

Außenansicht der Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz

Ein kürzlich abgehaltener Workshop zur Ladeinfrastruktur für Batterietriebzüge (BEMUs) hat uns die Gelegenheit geboten, einen tiefen Einblick in die technologischen Fortschritte und die regulatorischen Herausforderungen im Bereich der Nachladetechnik zu gewinnen. Als praktisches Beispiel diente die Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz, die wir besichtigen durften.

Die Errichtung einer Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz stellt ein Unterfangen dar, welches Beachtung verdient. Die Nachladestation zeigt, wie solche auf die durch die Fahrzeugtechnik definierten Anforderungen reagieren können. Unsere Blicke wanderten im Laufe der Besichtigung von den Masten mit Stromzuführung über die zwölf Meter lange Ladeschiene bis hin zum Einsatz eines Symmetrierumrichters im Ladeunterwerk. Die Notwendigkeit der Nachladestation ergibt sich daraus, dass die Umgebung des Bahnhofs Annaberg Buchholz nicht ausreichend elektrifiziert ist. Der Verkehr von BEMUs am Bahnhof ist jedoch vorgesehen.

Realisiert von sieben Partnern in vier Tagen

Das in einem Container untergebrachte Ladeunterwerk besteht aus einer Mittelspannungsschaltanlage mit Leistungsschaltern, Transformator (10 kV Wechselspannung -> 15 kV Wechselspannung), Symmetrierumrichter mit Flüssigkeitskühlung, Eigenbedarfsanlage sowie der Leit- und Fernwirktechnik. Der anliegende Landesnetzanschluss leistet aktuell 10 kV in Wechselspannung bei 50 Hz. Auf eine Umwandlung der Netzfrequenz auf für den Bahnverkehr typische 16,7 Hz wurde verzichtet. Auf diese Weise konnte das Ladeunterwerk mit einem kompakten Symmetrierumrichter statt eines Vollumrichters kleiner gehalten werden.

Realisiert wurde die Nachladestation von sieben Partnern innerhalb von vier Tagen. Eine offizielle Genehmigung für das Vorhaben lag nicht vor. Stattdessen entschied sich der Zusammenschluss aus Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) GmbH, Rail Power Systems (RPS) GmbH, F&S Prozessautomation GmbH, TU Dresden (Professur Elektrische Bahnen), DB Energie GmbH, Erzgebirgsbahn (RNI) GmbH und SRCC gGmbH dafür, durch die Umsetzung des Projektes und den Workshop den gemeinsamen Diskurs anzuregen und die politische Entscheidungsfindung anzustoßen.

Transformator der Nachladestation in Annaberg Buchholz
(10 kV Wechselspannung -> 15 kV Wechselspannung)

Thesen und Forderungen aus dem Workshop

Der Workshop brachte verschiedene Akteure aus der Schienenfahrzeugbranche zusammen, darunter Vertreter von Betreibern, Fahrzeugherstellern, Politik und Verbänden. Die entstandenen Diskussionen deckten eine Vielzahl von Themen ab, sodass unter anderem die folgenden Thesen formuliert werden konnten:

  • Das Regelwerk der TSI erfasst den Bereich der Ladeinfrastruktur zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.
  • Übliche Ladeanlagen für BEMUs sind Oberleitungsinselanlagen (OLIA – bis zu 90% förderfähig vom Bund) und Serviceladestationen (keine Förderung). Hierbei gibt es die Ladeoptionen während der Fahrt mit Teilstreckenelektrifizierung und der Nachladung im Stillstand.
  • Ladestationen werden in der Politik (Rechtssicherheit, Regulierung) noch nicht wahrgenommen. Es fehlt ein rechtlicher Rahmen; was im deutlichen Widerspruch zur geforderten Dekarbonisierung steht.
  • Bei der Planung von Nachladestationen ist zu beachten, dass Komfortfunktionen des Fahrzeugs für rund 30 Prozent des Energiebedarfs von BEMUs verantwortlich sind.

Aus den Diskussionen und vorherigen Thesen lassen sich folgende Forderungen ableiten:

  • Es ist eine Reglung von Strompreisen unabhängig von der Ladeanlage nötig.
  • Es ist eine Einordnung, Abnahme und Genehmigung der Ladeanlagen nötig. Bestenfalls erfolgt dies durch das Eisenbahnbundesamt.
  • Die Zusammenarbeit zwischen Betreiber, Industrie und Infrastrukturbetreiber muss verbessert werden.
  • Rechtssicherheit sollte sichergestellt werden und die Elektrifizierung des Schienennetzes muss vorangetrieben werden.
Symmetrierumrichter der Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz
Symmetrierumrichter der Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz
Symmetrierumrichter der Nachladestation am Bahnhof Annaberg Buchholz

Symmetrierumrichter der Nachladestation in Annaberg Buchholz mit Flüssigkühlung

Fazit des Workshops in Annaberg Buchholz

Der Workshop in Annaberg Buchholz hat einmal mehr bewiesen, dass das Themengebiet rund um Nachladestationen komplex ist und dessen Lösungsweg erst an seinem Anfang steht. Auf nichtelektrifizierten Strecken sind Nachladestationen für BEMUs notwendig. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der begrenzten Reichweite der Traktionsbatterien und fehlenden Möglichkeiten zum Nachladen dieser Energiespeicher.

Obwohl die funktionierende Ladetechnik vorhanden ist, fehlen für ihre Nutzung Rechtssicherheit und Formalien zur Zulassung. Darüber hinaus ist die Verteilung von entstehenden Kosten ungeklärt. Die Klärung dieser offenen Punkte ist die Hauptaufgabe, welche Workshop-Teilnehmer mitnehmen. Das Vorankommen in diesen und weiteren Punkten soll eine Workshop-Wiederholung im 6-Monats-Rhythmus sicherstellen.