Weichenstellung für die Zukunft – Der deutsche SPNV und alternative Antriebe

DAtum

Alstom Coradia Continental Batterie Triebzug für ZVNL und VMS

Mit dem von der Bundesregierung im Rahmen des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) definierten Ziel, die Treibhausgasemissionen des Verkehrs bis zum Jahr 2030 auf 85 Mio. Tonnen CO2-Äq. zu senken, steht der gesamte Verkehrssektor unter Druck.

Aktuelle Berechnungen des Umwelt-Bundesamtes gehen von einer Überschreitung dieses Wertes in Höhe von 41 Millionen Tonnen aus. Wenn diese Lücke ernsthaft geschlossen werden soll, muss auch am klimafreundlichen SPNV angesetzt werden. Dass dies geschieht, beweisen auch Richtlinien wie die zur Förderung alternativer Antriebe im Schienenverkehr von Februar 2021.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMVI) fördert explizit:

  • die Beschaffung von innovativen Schienenfahrzeugen oder die Umrüstung auf alternative Antriebe mit signifikanter CO2-Einsparung gegenüber konventionellen Dieselfahrzeugen
  • den Bau bzw. Umbau von Lade- und Betankungsinfrastruktur für den Einsatz innovativer Schienenfahrzeuge im deutschen Eisenbahnnetz, sowie Elektrolyseanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff für den Schienenverkehr
  • die Erstellung von Studien zu Einsatzmöglichkeiten der oben genannten förderfähigen Gegenstände mit Schwerpunkt auf das deutsche Eisenbahnnetz.

Damit sind über den Umweltgedanken hinaus auch Anreize gesetzt, alternativ angetriebenen Schienenfahrzeugen trotz teurerer Einkaufspreise eine Chance zu geben.

Der Status quo des SPNV

Bezogen auf die Zugkilometer wird laut Bundesverband SchienenNahverkehr in Deutschland etwa ein Drittel der Verkehrsleistung im SPNV dieselbetrieben erbracht. Dabei gibt es regional große Unterschiede. Den größten Strecken-Anteil legt Schleswig-Holstein (65 Prozent) mit Hilfe von Dieseltriebzügen oder Lokomotiven zurück. Beispielsweise in Berlin-Brandenburg ist dieser Anteil mit nur 15 Prozent deutlich kleiner. In Fahrzeugen macht dies etwa die Hälfe der Schienenfahzeugflotte deutschlands aus. Alternative Antriebe kommen lediglich in maximal einem Prozent aller Fahrzeuge zum Einsatz.

Das eigene BEMU-Konzept der trechnology GmbH

BEMU UND HEMU als Option

Rund 60 Prozent des Bundesschienennetzes ist elektrifiziert. Auf diesen Strecken werden laut Umweltbundesamt 83 Prozent der Verkehrsleistung des Personennahverkehrs erbracht. Für Fahrten auf teil- oder nicht elektrifizierten Strecken kommen dieselbetriebene Schienenfahrzeuge zum Einsatz. Obwohl die Bundesregierung im Rahmen ihres Koalitionsvertrags ein Ziel von einer 75-prozentigen Elektrifizierung bis 2030 definiert hat, werden vor allem ländliche Gebiete aus Kostengründen weiter ohne ein ausreichend elektrifiziertes Schienennetz auskommen müssen. An dieser Stelle haben sich BEMU (Battery Electric Multiple Unit) und HEMU (Hydrogen Electric Multiple Unit) als Optionen hervorgetan.

BEMU

Als Batterieelektrischer Triebzug ist der BEMU mit Akkumulatoren ausgestattet. Auf elektrifizierten Abschnitten nutz er die Oberleitung, aus der dann auch seine Batterien geladen werden. Auf nicht elektrifizierten Abschnitten wechselt das Fahrzeug in den Akkubetrieb. Der Ladevorgang erfolgt dann wieder auf bereits elektrifizierten Teilabschnitten oder an Oberleitungsinselanlagen, von denen die ersten im Laufe des Jahres 2023 in den Bahnhöfen Tönning, Heide (Holst) und Husum in Schleswig-Holstein in Betrieb gehen sollen.

Sämtlichen Energiebedarf (Traktion, Hilfsbetriebe, Heizung bzw. Klimatisierung) erhält ein BEMU bei elektrifizierten Strecken aus der Oberleitung und bei nicht elektrifizierten Strecken aus den Akkumulatoren. Ein großer Vorteil des BEMU liegt dadurch in seiner Aufwärtskompatibilität bei weiterem Ausbau der Streckenelektrifizierung. Die Nutzung der Oberleitung erlaubt nicht nur höhere Beschleunigungen, als sie zum Beispiel bei Dieseltriebwagen möglich
sind, auch die Abnutzung der Akkumulatoren wird verlangsamt, da die Entladetiefe einen geringeren Umfang hat. Bei Vollelektrifizierung der Strecke ist außerdem ein Rückbau der Batterieanlage möglich, sofern die fahrdynamisch und zulassungsrelevante Batteriemasse ausgeglichen wird.

HEMU

Als Brennstoffzellentriebzug oder auch Wasserstoffzug wandelt ein HEMU die im Wasserstoff gespeicherte Energie in Kombination mit Luftsauerstoff im Prozess der sogenannten kalten Verbrennung in elektrische Energie um. Hierbei kann ein Wirkungsgrad von 50 bis 68 Prozent erreicht werden, womit die Gesamteffizienz unterhalb der des BEMU liegt. Die Verlustleistung fällt in Form von abzuführender Wärme an. Ein Vorteil des HEMU gegenüber des BEMU liegt in seiner höheren, von der Elektrifizierung unabhängigen, Reichweite, die er der Energiedichte des verdichteten Wasserstoffs aus dem Speicher verdankt.

Zur Deckung des Leistungsbedarfs ist der HEMU vom Zusammenspiel zwischen Akkumulatoren und Brennstoffzellen abhängig. Vor allem beim Beschleunigen werden große Anteile der Energie dem Akkumulator entnommen, da die Leistung der Brennstoffzellen kleiner ist als die Antriebsleistung. In traktionsschwachen Phasen wird die Traktionsbatterie durch die Brennstoffzelle aufgeladen.

Visualisierung des Einsatzes alternativer Antriebe im deutschen SPNV BEMU HEMU von CAF Alstom Siemens und Stadler
Übersicht bisheriger Bestellungen von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben für den deutschen SPN Stand Mai 2022; Daten: PKF IVT

14 Netze bis Dezember 2027

PKF IVT, einem der Sprecher des diesjährigen Eurailpress-Forum alternative Antriebe, zufolge gehen bis Dezember 2027 ganze 17 Netze im deutschen SPNV in Betrieb, die auf alternative Antriebe setzen. Fünf dieser Netze sollen bereits im Dezember 2023 die ersten Personen befördern. In all diesen Netzen stellt der Aufgabenträger die Fahrzeuge. Vier weitere Netze sollen 2024 in Betrieb gehen. Hier wurde die Fahrzeugbeschaffung durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) vorgenommen. Eines dieser Netze steht unter dem Vorbehalt, dass im Rahmen des Verhandlungsverfahrens der Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen bestätigt wird. 2025 bis 2027 wird mit weiteren fünf Netzen gerechnet. Während in allen anderen Fällen die Züge mit alternativen Antrieben neu beschafft werden, soll in einem dieser Netze erstmals der Einsatz von zu batterieelektrischen Fahrzeugen umgebauten Zügen erfolgen.

Die Bewegungen auf dem deutschen SPNV-Markt lassen darauf schließen, dass alternative Antriebe einen zunehmenden Stellenwert einnehmen. Umso wichtiger ist es, dass Fahrzeug-Herstellern, Ausschreibern und Betreibern das notwenige Know-how an die Hand gegeben wird, um daraus resultierende Aufgaben anzugehen. Hierfür stehen wir von trechnology als kompetenter Ansprechpartner zu Verfügung.